Décalcomanie

Max Ernst, Marlene (Frau und Kind), Öl/Leinwand, 23,8 x 19,5 cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unter Décalcomanie versteht man die künstlerische Technik des Farbabzuges oder des Farbabklatsches.

Schon vor der Entdeckung der Décalcomanie hatten Künstler sogenannte Monotypien hergestellt. Statt auf Papier oder Leinwand wird dabei mit nasser Farbe auf glatten Oberflächen wie Glas- oder Metallplatten gezeichnet oder gemalt. Solange die Farbe noch feucht ist, legt man dann ein Blatt saugfähiges Papier darüber und druckt das Motiv von der Platte auf das Papier, indem man mit der Hand darüber streicht. 

Die Décalcomanie funktioniert ähnlich; sie unterscheidet sich aber von der Monotypie dadurch, dass sie nicht darauf abzielt, ein gegenständliches Motiv abzubilden. Vielmehr steht bei der Decalcomanie die so entstehende, von starken Zufällen mitbestimmte Struktur im Vordergrund.

Erfunden wurde die Technik um 1750 in England. Als die Surrealisten diese Technik für sich entdeckten, erlebte sie in den 1930er Jahren einen großen Aufschwung. Max Ernst entwickelte die Technik für seine Zwecke weiter. Er begrenzte die zufällig entstandenen Formen, z.B. durch Übermalung und Überzeichnung, beispielsweise in seinen Gemälden ›Marlene‹ (1940–41) sowie ›Europa nach dem Regen II‹ (1940–42).  Sehen Sie sich das Bild ›Marlene‹ (oben) gut an, Man kann erkennen, dass sich kleine, krusselige Strukturen gebildet haben, als die aufgelegte Leinwand von der feuchten Farbe abgehoben wurde. Beachten Sie die Maße des Bildes; es ist verhältnismässig klein.

Zu dem Gemälde findet man folgende Informationen: Max Ernst lebt und arbeitet beim Ausbruch des II. Weltkriegs in Frankreich. Als »feindlicher Ausländer« wird er in einem Lager interniert. Auf Fürsprache französischer Freunde wird er nach einigen Wochen entlassen, allerdings kurze Zeit später wieder verhaftet. Nun beginnt eine unruhige Zeit. Mehrmalige Verhaftungen und Fluchten wechseln einander ab, bis er endgültig durch eine einflußreiche Freundin und Mäzenin, die Amerikanerin Peggy Guggenheim, in die Vereinigten Staaten emigrieren kann. Zu den letzten Werken, die der Künstler noch in Europa fertigstellt, gehören die beiden Bilder »Marlene« und »Europa nach dem Regen«.

»Marlene« mit ihren Kindern befindet sich auf der Wanderschaft. Es handelt sich um ein Emigrationsbild. Sie verläßt die mediterrane Zivilisation, angedeutet durch Zypresse und Säule, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Mit sich führt sie ihre Kinder, Vogelwesen unterschiedlichster Herkunft. Die Assoziationen zu möglichen Deutungen sind vom Künstler vielfältig angelegt. Eine der möglichen Interpretaionen führt in folgende Richtung. Der Auszug in die Neue Welt an der Hand einer halbnackten Frau mit einem Gesicht, das eindeutig Ähnlichkeit mit der 1937 in die USA emigrierten Schauspielerin Marlene Dietrich aufweist, legt die Vermutung nahe, daß der Künstler hier an seine eigene Flucht – organisiert durch Peggy Guggenheim – gedacht haben mag. Dann wären die Vogelwesen Verkörperungen des Künstlers.  

 

Europa nach dem Regen II

 

 

 

 

 

 

Auch das Bild ›Europa nach dem Regen II‹ ist wohl in diesem Kontext zu sehen: In prophetischer Hellsicht hat Max Ernst eine apokalyptische Landschaft gemalt, die den Zustand Europas nach dem Regen, das heißt nach dem Krieg, zeigt. In einem blätterlosen versteinerten Sumpf finden wir bei längerem Hinsehen Lebewesen, die in diesen Strudel der Auflösung mit hineingerissen sind: Frauenkörper, die zum Teil eingemauert sind, zum Teil wie das Weib Lots aus dem Alten Testament zur Salzsäule erstarrt sind, Vogelwesen, Wächterfiguren und ein mit Stahlmanschetten gepanzerter Ochse, dessen Kopf schon skelettiert ist. Der Künstler zeigt eine Welt am Rande des Untergangs.  Zur Geschichte des Bildes gibt es eine merkwürdige Anekdote: Ernst konnte es während seiner schwierigen, viele Stationen umfassenden Reise in die USA irgendwann nicht mehr mit sich führen. Er hat es dann einfach an »Max Ernst c/o Museum of Modern Art, New York«, eines der berühmtesten Museen der Welt, geschickt, wo es auch fast zeitgleich mit ihm eingetroffen ist. Das zeigt das große Selbstbewusstsein, das Max Ernst auch in dieser schwierigen Lebensituation hatte.

 

Das folgende Video, produziert für Grundschulkinder, zeigt, dass einfache Formen der Décalcomanie durchaus auch zu Hause erstellt werden können.

Aufgabe:

Erstellen Sie ein Bild in einer Mischtechnik. Fertigen Sie zunächst eine Reihe von Décalcomanien an. Schneiden Sie dann Ihnen geeignet erscheinende Stücke aus den Abklatschbildern aus und verwenden Sie diese als Collagematerial. Diese Bildelemente können Sie durch Übermalung und Zeichnung ergänzen.

Inhaltlich sollen Sie sich in dem Bild mit der Vogelthematik beschäftigen. Es sollen also ein oder mehrere – surreale – Vögel in Ihrem Bild auftauchen. Lesen Sie hierzu noch einmal den Post zum Vogel Loplop im Werk von Max Ernst. 

Fotografieren Sie Ihre Arbeit. Senden Sie mir die Fotos bis zum 07.02.2021 über logineo zu. (Heben Sie Ihre Originalarbeiten auf, bis Sie mir diese zur endgültigen Bewertung über die Schule zukommen lassen können.)